Wohnbund Fachtagung – 40 Jahre Wohnbund, „Unter vielen Dächern“

Frankfurt, 23.-25.11.2023

Seit 40 Jahren wirbt und streitet der Wohnbund für eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik und Rahmenbedingungen für innovative Projekte. Ein Beleg dafür, dass die Themen nicht neu sind und die aktuelle Wohnungskrise sich früh abzeichnete, ist auch das Hamburger Manifest von 1989 (https://www.wohnbund.de/wp-content/uploads/2019/10/hamburger_manifest.pdf). Es belegt, dass sich bereits viele Entwicklungen vorzeichneten und beleuchtet die Komplexität wohnungspolitischer Zusammenhänge und liefert Lösungsansätze, etwas akademisch gefasst, aber inhaltsreich.

Im Studentenhaus der Uni Frankfurt trafen sich also Donnerstagabend weit über 100 TeilnehmerInnen aus dem ganzen Bundesgebiet zum Festakt. Die Podiumsdiskussion „Welche Strukturen braucht der gemeinwohlorientierte Wohnungsbau?“ Mit einer jungen, einer traditionellen Genossenschaft, dem Mietshäusersyndikat und der wohnungpolitischen Berichterstatterin der Grünen, Hanna Steinmüller, im Bundestag. Sie betonte die Bedeutung der Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit als entscheidenden Baustein für die Zukunft der Wohnungswirtschaft. Es wurde darüber hinaus  deutlich, dass gemeinwohlorientierte Akteure zunehmend an Bedeutung gewinnen werden.

Natürlich ist es Pflichtprogramm einer Jubiläumsveranstaltung zurück zu schauen. Das ist erfreulich lehrreich, weil es gerade den Jüngeren Akteuren ermöglicht einen Einblick in die grundlegende Bedeutung des Themas und die breite Kompetenz der GründerInnen und Mitglieder zu bekommen. Neben ein paar, die bereits seit der Gründung dabei sind, finden sich in den Reihen nicht wenige mit 30 oder 20 Jahren Geschichte im Verein, beeindruckend. Umso erfreulicher, dass der Anteil jüngerer Menschen nicht gering, wenn auch ausbaufähig ist. Wohnungs- und Immovielienpolitik ist ein Langstreckenprojekt, zugleich ein Ort für Menschen mit einem soliden Wertekompass und dem Willen die Gesellschaft im Sinne des Gemeinwohls dauerhaft zu gestalten und darüber zu debattieren.

Rückblick auf 40 Jahre Arbeit – teilweise mit GründerInnen des Wohnbunds!

Es gibt derzeit keine Veranstaltung, die sich mit Bauen im weiteren Sinne beschäftigt, die nicht durch die Krisen durchgeschüttelt wird. Frankfurt als Gastgeberin, dass sich gerade die letzten Jahre aufgemacht hat, nach München, Hamburg, Tübingen oder Berlin, zu einem Ort mit einer qualitätvollen Konzeptvergabekultur und Kontinuität in gemeinschaftlichen Wohnprojekten zu werden, bangt nun um seine jüngeren Projekte. Diese kommen mit den Baukosten- und Zinssteigerungen in arge Bedrägnis und werden noch nicht, wie im Stadtstaat Hamburg, der mit einer landeseigenen Förderbank zumindest das Schlimmste überbrücken hilft, gestützt. Doch wurde mit Katharina Wagner, die gerade letztes Jahr auf dem Wohnprojektetag zu Gast war, eine ausgewiesene Expertin und Befürworterin gemeinschaftlicher Wohnformen zur Amtsleitung im dafür zuständigen Wohnungsamt befördert. Ein Glücksfall, wo es doch abseits politischer Beschlüsse auch immer auf eine Verwaltung ankommt, die diese mit Herzblut füllen.

Workshops zeigen das ganze Spektrum der Möglichkeiten und Herausforderungen

In sechs Workshops wurde ein breites Spektrum an zentralen Fragestellungen diskutiert, hier eine kleine Auswahl mit Bedeutung für Kölner Entwicklungen.

Im Workshop „Wohnen in Dachgenossenschaften = bezahlbar und selbstverwaltet?“ stellte Julia Hartmann die Dachgenossenschaft Wohnen Tübingen eG vor. Von der Musterstadt der Konzeptvergaben auf eigene Rechnung initiiert. Trotz großer Begeisterung für ihre WEG Baugruppen ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass es für eine nachhaltige Entwicklung genossenschaftliche Modelle braucht. So hat die Kommune selbst die Zügel in die Hand genommen und Landesmittel für eine Dachstruktur akquiriert. Statt selbst eine Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, schafft man einen Rahmen für zivilgesellschaftlich getragene Projekte, eindrücklich.

Der Bauverein der Elbgemeinden mit 12.000 Wohnungen wurde durch die Vergabepolitik in Hamburg zu seinem Glück gezwungen, denn nur wer Baugemeinschaften integriert bekommt Grundstücke. Das diese aber viel mehr als lästige Pflicht sind, wie zuerst von den Vorständen befürchtet, sondern sich zu Perlen im Portfolio entwickelt haben – immerhin bereits acht Stück! – , stellte Peter Finke eindrücklich in „Selbstverwaltete Wohnprojekte und Beteiligungsmodelle in großen Genossenschaften“ heraus. Dahin sollten Politik und Kölner Alt-Genossenschaften wohl bald mal einen Ausflug machen.

Bekannte Gesichter tauchen unter dem Titel „Ein Dach fürs ganze Quartier: Stadtteilgenossenschaften“ auf, dass Münchner GeQo, dass wir letztes Jahr auf der Exkursion besucht haben belegte anschaulich, wie auf Quartiersebene noch viel mehr organisiert werden kann als nur das Wohnen. „Energie, Ernährung, Mobilität oder Gesellschaftsräume können über das eigene Haus hinaus gedacht werden. Eine quartiersweite Zusammenarbeit kann einen Mehrwert für alle schaffen und die Verwaltung dieser Infrastrukturen effizienter und einfacher machen – die gesamte Nachbarschaft profitiert. Mit der Betrachtung von Quartieren als Organisationseinheit eröffnen sich neue Wege hin zu sozial und ökologisch integrierten Nachbarschaften.“ stand im Programm, so isses.

Im Workshop „Ohne Boden keine Dächer“ war die MitStadtZentrale durch den Autor dieser Zeilen vertreten, der von den Forderungen des Netzwerks Immovielien den Bogen zu der Frage von Chancen und Teilhabe an der Stadt schlug. Zusammen mit der Amtsleiterin Wohnungswesen der Stadt Frankfurt, der Geschäftsführerin des Frankfurter Netzwerks und einem Vorstand der Stiftung trias wurden Herausforderungen, politische Diskussion, Lösungsansätze und gesellschaftlicher Kontext dargestellt. Eine geballte Wechseldusche für die TeilnehmerInnen, die dies in diesem durchaus poltisch denkenden Forum mit großer Beteiligung verfolgten und so manche Impulse für noch mehr Engagement daraus mitzunehmen schienen.

Mitgliederversammlung gut besucht

Am Samstag folgte die gut besuchte Mitgliederversammlung. Was da an geballtem Wissen und Erfahrung aus Projekt-, Beratungs- und Politikarbeit am Tisch saß, ist an neuen Kontakten für uns, die MitStadtZentrale, sicher von großem Mehrwert für die zukünftige Arbeit. Es entstanden gleich mehrere Projektideen, von denen hier in Zukunft zu berichten sein wird.


Der Wohnbund hat derzeit 180 Mitglieder, er ist niederschwellig organisiert und offen für Alle, die zu einer Boden- Immobilien- und Sozialwende beitragen wollen. Es war die erste Teilnahme der MSZ als Mitglied im Wohnbund, sicher nicht die letzte.

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